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Die NichtraucherHelden-App soll auf Rezept verordnet werden können


Veröffentlicht am 22.10.20 | Janine Mast

Sicher hast Du bereits von „Apps auf Rezept“ gehört, die aufgrund des Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) nun im deutschen Gesundheitssystem Einzug finden. Die Chance von „Apps auf Rezept“ haben auch wir erkannt. Daher haben wir uns seit Anfang des Jahres in die Entwicklung einer neuen Medizin-App gestürzt. Die neue NichtraucherHelden-App (Medizin) soll abhängige Raucher und Raucherinnen dabei unterstützen, ihre Nikotinsucht zu überwinden. Erfahre in diesem Blog-Beitrag, wie wir bei der Entwicklung vorgegangen sind, was Stolpersteine waren und was die neue App schlussendlich alles kann und welchen Nutzen sie bringt.

Arzt App auf Rezept

 

Die App auf Rezept schafft es in Rekordzeit von Papierebene in die Realität

Mit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) wurde der Grundstein für „Apps auf Rezept“ geschaffen. Nicht einmal ein Jahr später sind nun seit Oktober die ersten DiGAs bereits im Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen gelistet. Das ist unserer Meinung nach rekordverdächtig für das deutsche Gesundheitssystem.  Die Voraussetzung für die Listung einer DiGA ist ein umfangreiches Prüfverfahren durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dabei wird u.a. Datenschutz, Transparenz und Nutzerfreundlichkeit geprüft. Ebenso müssen Studien vorgelegt werden, die einen sogenannten „positiven Versorgungseffekt“ zeigen und somit den Nutzen der App belegen. Anderenfalls ist nur eine vorläufige Aufnahme in das Verzeichnis möglich und es muss ein plausibles Evaluationskonzept vorgelegt werden, das beschreibt, wie der positive Versorgungseffekt innerhalb von 12 Monaten nachgewiesen werden soll. Der positive Versorgungseffekt kann z.B. eine Verbesserung des Gesundheitszustands darstellen.

Mit Vollgas innerhalb weniger Monate eine neue Medizin-App entwickelt

Anfang des Jahres 2020 haben wir erstmals darüber nachgedacht, ob das Thema „App auf Rezept“ auch für uns interessant sein kann. Bei ersten Veranstaltungen zum Thema digitale Gesundheitsanwendung, kurz DiGA, in Heidelberg am DKFZ verschafften wir uns einen ersten Überblick. Uns war schnell klar: unsere NichtraucherHelden-App soll auf Rezept verschrieben werden können. 

Grundvoraussetzung um eine DiGA werden zu können ist, dass die App ein zertifiziertes Medizinprodukt ist. Grundvoraussetzung Nummer 2 ist, dass die DiGA eine Krankheit behandelt – die Prävention von Krankheiten ist ausgeschlossen. Bisher ist unser Nichtraucherkurs als Präventionskurs nach § 20 SGB V zertifiziert. Unsere App war also weder ein Medizinprodukt, noch war die App auf die Behandlung einer Erkrankung ausgelegt. Mithilfe von Experten auf dem Gebiet der Pneumologie und Tabakentwöhnung, der Zulassung von Medizinprodukten und guten Rechtsanwälten für Medizinrecht und natürlich jeder Menge harter Arbeit haben wir es geschafft. Unser neu entwickeltes Medizin-Modul ist seit August 2020 ein zertifiziertes Medizinprodukt der Klasse 1.

Neue Medizinprodukt-App

 

Der Weg vom Medizinprodukt zum DiGA-Antrag entpuppt sich als Geduldsprobe

Unser Fokus lag sehr auf der Entwicklung und Zulassung des Medizinproduktes, was für unser gesamtes Team Neuland war. „Nachdem wir das geschafft haben, müssen wir nur noch den Antrag zur Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis ausfüllen und dann haben wir es geschafft“ – so die Theorie. Ende Juni neigte sich die Entwicklung unserer App und die ganze Dokumentation sowie das Aufsetzen von Prozessen, die als Medizinprodukt notwendig sind, so langsam dem Ende zu und wir befassten uns mit dem DiGA Antrag. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat dazu im Mai einen Leitfaden herausgebracht. Als wir uns näher mit den Anforderungen an eine DiGA und deren Beantragung beschäftigten, zeigte sich, dass wir dieses Thema schlicht und ergreifend unterschätzt hatten.

Es folgten nun also einige Wochen Arbeit um die hohen Anforderungen an Datensicherheit, Dateninformation, Nutzertransparenz etc. zu überarbeiten und sowohl technisch als auch rechtlich abzusichern. Zudem mussten wir uns an die Studienplanung machen, um den sogenannten positiven Versorgungseffekt von unserer App später belegen zu können. Hierfür haben wir uns externe Partner gesucht, die tagtäglich Studiendesigns, Studiendurchführung und Evaluierungen vornehmen. Die Konzeption der randomisierten, kontrollierten Studie war wesentlich zeitraubender als zu Beginn angenommen. Zwischendurch kam noch auf, dass wir für den DiGA-Antrag eine systematische Datenauswertung brauchen. Sprich, wir müssen Daten unserer App vorlegen, die bereits darauf hindeuten, dass die App auch funktioniert. Wir haben zahlreiche Daten für unsere Präventions-App in der Schublade liegen, jedoch noch keine Daten der neu entwickelten App. Also haben wir kurzerhand eine Pilotstudie initiiert. 50 Probanden haben dann unsere neue App über 5 Wochen genutzt und die Ergebnisse können sich sehen lassen.

Der 20.10.2020 wird zum Meilenstein in der Geschichte der NichtraucherHelden

Zum Schluss hat es sich gezogen wie Kaugummi. Wir wollten unser ausgearbeitetes Evaluationskonzept vorab mit dem BfArM besprechen, sodass es hier nach Antragseinreichung keine Probleme gibt. Bis wir einen Termin bekamen vergingen fast 4 Wochen und bis uns das finale Gesprächsprotokoll vorlag dauerte es nochmals fast 4 Wochen. Danach mussten noch die letzten Anpassungen am Evaluationskonzept durchgeführt werden. Am 20.10.2020 war es dann endlich soweit: nach dem wir zum gefühlten 100ersten mal alle Fragen noch einmal durchgeklickt haben und alle Dokumente hochgeladen haben, schickten wir den Antrag final ab. Darauf wurde erst einmal angestossen!
Der DiGA-Antrag liegt nun beim BfArM, welches die App drei Monate auf Herz und Nieren prüfen wird. Wir hoffen, dass unsere neue NichtraucherHelden-App (Medizin) dann Anfang 2021 von Ärzt:innen verschrieben werden kann.

Die Raucherquote hängt eng mit dem Einkommen zusammen, weshalb aktuell viele Raucher:innen aus Kostengründen keine professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen (können). Wir hoffen, dass sich dies durch die zukünftige Möglichkeit der Verschreibung ändert und somit letztlich die Zahl der erfolgreichen Nichtraucher:innen gesteigert werden kann. Drückt daher gemeinsam mit uns die Daumen!

Die wichtigsten Infos zur neuen Medizin-App kurz zusammengefasst

Wer kann die App nutzen?
Raucher:innen, bei welchen eine Tabakabhängigkeit diagnostiziert wurde (ICD 10 F17.2). Diese kann beispielsweise mit dem Fagerstöm-Test für Zigarettenabhängigkeit bestimmt werden.

Was bietet die App?
Individuelles Rauchstopp Coaching: persönlich auf den Patienten abgestimmte Therapie mit motivierenden Videos und hilfreichen Übungen. Tägliche individuelle Nachbetreuung über 3 Monate nach Rauchstopp.

Funktioniert die App?
Die Ergebnisse unserer Pilotstudie belegen die kurzfristige Wirksamkeit der neuen App. Die NichtraucherHelden-App erhöht die Chance, den Rauchausstieg erfolgreich zu schaffen und dauerhaft rauchfrei zu bleiben. Das Erreichen der Rauchfreiheit geht mit einer Verlängerung des Lebens und Verbesserung der Gesundheit und der Lebensqualität einher. Die langfristige Wirkung der App wird in einer großangelegten Studie ab Anfang 2021 geprüft werden. 



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